Buchrezension #228 Vox von Christina Dalcher

Buchrezension #228 Vox von Christina Dalcher

S. Fischer
erschienen am 15. August 2018
400 Seiten


Preis:

gebunden € 20,00, Eboo € 16,99


Klappentext:

In einer Welt, in der Frauen nur hundert Wörter am Tag sprechen dürfen, bricht eine das Gesetz. Das provozierende Überraschungsdebüt aus den USA, über das niemand schweigen wird!

Als die neue Regierung anordnet, dass Frauen ab sofort nicht mehr als hundert Wörter am Tag sprechen dürfen, will Jean McClellan diese wahnwitzige Nachricht nicht wahrhaben – das kann nicht passieren. Nicht im 21. Jahrhundert. Nicht in Amerika. Nicht ihr.

Das ist der Anfang.

Schon bald kann Jean ihren Beruf als Wissenschaftlerin nicht länger ausüben. Schon bald wird ihrer Tochter Sonia in der Schule nicht länger Lesen und Schreiben beigebracht. Sie und alle Mädchen und Frauen werden ihres Stimmrechts, ihres Lebensmuts, ihrer Träume beraubt.

Aber das ist nicht das Ende.

Für Sonia und alle entmündigten Frauen will Jean sich ihre Stimme zurückerkämpfen.


Meine Meinung:

Ich bin eine Frau weniger Worte geworden.
Kapitel 1 - Position 128

Schon alleine die Vorstellung, auf 100 Worte pro Tag beschränkt zu sein, ist erschreckend. Der Klappentext hat mich fasziniert. Das Buch musste ich unbedingt haben.

Jean ist Ehefrau und Mutter von 4 Kindern. Früher war sie eine angesehene Linguistin, die an der Heilung einer Sprachstörung arbeitete. Jetzt schupft sie "nur" mehr den Haushalt und wartet darauf, dass ihre Kinder und ihr Mann Patrick nach Hause kommen. Sie ist die "Bewahrerin des Heims". Jeder Tätigkeit, die sie gerne gemacht hat wie ihrer Arbeit und Lesen, beraubt, ist sie unglücklich mit ihrem Leben. Nicht einmal mehr Gute Nacht-Geschichten für ihre 6-jährige Tochter Sonia sind erlaubt. Anfangs wirkt sie hoffnungslos, vor allem bei dem Gedanken daran, dass ihre Tochter nichts anderes als dieses Leben kennt.

Monster werden niemals geboren. Sie werden gemacht, Stück für Stück und Glied für Glied, künstliche Kreationen Geisteskranker, die wie der fehlgeleitete Frankenstein immer glauben, sie wüssten es besser. 
Kapitel 51 - Position 3258

Die Geschichte wird aus der Sicht von Jean in der ersten Person erzählt. Ich konnte mich sofort in Jean hineinversetzen und mit ihr mitleiden. Am Anfang gibt es noch ein paar Rückblicke in ihre College-Zeit, in denen sie von ihrer Freundin Jackie erzählt, die schon immer eine Rebellin war und gegen alles protestiert hat, und in die Zeit vor der Beschränkung der Worte für Frauen, die ein bisschen einen Einblick gibt, wie es dazu gekommen ist.

Sich erinnern zu können, ist eine verdammenswerte Fähigkeit.
Kapitel 17 - Position 1275

Es fällt schwer, die Männer in dieser Geschichte nicht zu hassen, selbst wenn es die 11-jährigen Zwillingssöhne der Protagonistin sind, alleine, weil sie reden dürfen und die Frauen nicht. Die Männer der Familie sitzen am Tisch und reden über ihren Tag, während Sonia nur Ja/Nein-Fragen mit Nicken oder Kopfschütteln beantwortet. Ein normales Familienleben ist so, wie der Leser schnell merkt, nicht mehr möglich.
Der Mann ist praktisch der Vormund der Frau, die anscheinend auch nicht mehr fähig ist, die Anweisungen ihres Arztes zu verstehen.
Das Gesetz ist auch das Ende aller Freundschaften und Treffen. Was macht man, wenn man sich mit Freunden trifft, aber sich nur die Männer miteinander unterhalten dürfen?

Interessant ist, wie sich die Charaktere im Laufe der Geschichte entwickeln. Die Handlung beginnt ein Jahr nach der Einführung dieses Gesetzes. Die 6-jährige Sonia kennt kaum etwas anderes, da sie schon mit 5 ihre Stimme verloren hat. Sie fügt sich und passt sich an. Für sie ist es schnell selbstverständlich geworden, dass sie nur 100 Worte pro Tag zur Verfügung hat. Sie will nicht auffallen und bemüht sich zu gefallen. Auf der anderen Seite ist Jeans Sohn Steven. Der 17-jährige hält sich an alle Regeln und verweist seine Mutter auf ihren Platz als Hausfrau. Er ist immer mehr von diesem Gesetz überzeugt und ist bereit, alles für dessen Einhaltung zu tun.

Bei 100 Worten am Tag wäre mein Kontingent spätestens um 6:05 Uhr aufgebraucht. Die Geschichte regt zum Nachdenken an und lässt einen länger nicht mehr los. Wie ist das für eine Mutter, wenn sie ihre kleine Tochter nach einem Albtraum nicht mehr trösten kann, weil ihr für diesen Tag keine Worte mehr zur Verfügung stehen?

Das Böse triumphiert allein dadurch, dass gute Menschen nichts unternehmen.
Kapitel 75 - Position 4588

Fazit:

Erschreckend und faszinierend! Eine Geschichte, die zum Nachdenken anregt!


Ich gebe 5 von 5 Sternen.

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